Dr. Paul Rübig ist seit 1996 österreichischer Europaabgeordneter für die Fraktion der EPP-Europäischen Volkspartei. Als ehemaliger Unternehmer setzt er sich in seiner politischen Arbeit besonderst für die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen ein. Er ist Mitbegründer von SME Europe und Initiator für Erasmus für junge Unternehmer.
Nachdem Sie selbst ein Unternehmen leiteten, wurden Sie Mitglied des österreichischen Parlaments, und kurze Zeit darauf, in 1996, bereits MdEP. Warum interessieren Sie sich für Europa?
Ich bin 1996 Abgeordneter zum Europäischen Parlament geworden, weil es für die Wirtschaft wichtig war den Binnenmarkt, mit 500 Millionen Konsumenten und 25 Millionen KMUs, nutzen zu können. Wenn man heute die Volkswirtschaft ankurbele will, ist ein derartiger Binnenmarkt vom großen Vorteil.
Wir sind 18 Mitgliedsstaaten die sich klar zum Euro positioniert haben, insgesamt 28 die miteinander den Binnenmarkt so vorantreiben. Ich bin stolz darauf, dass wir in den letzten Jahren soviel geleistet haben.
Sie sind einer der Mitbegründer von SME Europe, und einer der EVP Sprecher für KMUs. Wie sehen Sie die Rolle von Unternehmern im heutigen Europa?
Ich habe unlängst ein Buch herausgegeben: Unternehmerinnen brauchen Freiheit. Gerade in Europa gibt es enormes Potenzial für Migranten und Frauen.
Gerade die Selbstständigkeit ist eine große Herausforderung und bietet riesen Chancen, egal ob man sich im Export oder Import befindet.
Die Beschäftigung vor Arbeitnehmern spielt eine immer großere Rolle. Wenn jeder Selbstständige, jedes KMU jemanden beschäftigten, hätten wir keine Probleme mit der Arbeitslosigkeit.
Es gehört Mut dazu sich selbstständig zu machen. Wir müssen die Aus- und Weiterbildung weiter vorantreiben; dann entstehen neue Jobs und damit entsteht Wohlstand. Letztlich kann man Wohlstand nicht verteilen, sondern Wohlstand muss man sich erarbeiten.
Die Wirtschaftskrise der letzten Jahren hat eine extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen EU- Mitgliedsstaaten verursacht. Wie können wir verhindern, dass junge Menschen entmutigt werden, und sie anstatt dazu ermutigen ihr eigenes Unternehmen zu eröffnen?
Das entscheidende ist, dass Ihnen das Rüstzeug schon in der Aus- und Weiterbildung mitgegeben wird. Das beginnt im Kindergarten mit der Übernahme eigener Verantwortung, eigener Entscheidungsfähigkeit, und geht dann de facto bis zur Universität, wo viele sich heute auch schon trauen ein sogenanntes Spin-off Unternehmen zu gründen.
Die Gesellschaft muss hier sehr offen sein, dass man Menschen die sich selbstständig machen wollen, dementsprechende Erleichterungen gibt. Man sollte sie nicht finanziell von Anfang an belasten, denn sie brauchen in der Regel sämtliche finanzielle Ressourcen, die sie von der Familie, von Freunden, von Bekannten bekommen, also Eigenkapital, um dann auch Kredite zu bekommen.
Letztlich müssen die Kredite zurückgezahlt werden und auch die Familie und Freunde freuen sich wenn sie die Bürgschaft die sie geleistet haben, nicht einlösen müssen. Deshalb muss die steuerliche Behandlung gerade in den ersten Jahren verbessert werden. Die Gebühren die die Unternehmer und Selbstständigen zu bezahlen haben sollten auf Null reduziert werden. Das ist auch ein Investment für den Staat und die Volkswirtschaft.
Man sollte den Unternehmern besonders am Anfang helfen anstatt ihnen gleich am Anfang Barrieren in den Weg zu legen. 80 Prozent der neuen Jobs in Europa werden von Betrieben geschaffen die nicht älter als 5 Jahre sind. Man sollte hier das Risiko und Eigenkapital bei den Unternehmen lassen und es nicht wegsteuern.
Sie sind der Initiator für Erasmus für junge Unternehmer, einem Programm das angehenden Unternehmern ermöglicht von erfahrenen Profis in einem fremden Land zu lernen. Wie wertvoll sind diese interkulturelle Erfahrungen für junge Unternehmer?
Ich habe dieses Programm im europäischen Haushaltsausschuss vorgeschlagen, es ist Gott sei Dank angenommen wurden.
Wir haben mit kleinen Beträgen gestartet, und haben einen Rahmen gebildet in dem man Junge UnternehmerInnen in Europa austauschen kann. Das hat gut eingeschlagen, in der zweiten Runde haben wir jetzt bereits das Ziel 10,000 UnternehmerInnen pro Jahr auszutauschen.
Die nächste Etappe wird sein Interessierte von außerhalb der EU in diese Programme aufzunehmen, wir wollen daraus ein weltweites Programm machen. Hier sehe ich die allergrößten Chancen im Im- und Export, aber auch in der Produktion im Handwerk, wir brauchen Menschen die sich engagieren die Risiken eingehen.
Wir haben bis jetzt in etwa 7000 JungunternehmerInnen im Tauschprogramm gehabt. Das Programm wird ständig verbessert, es geht darum den Menschen ein Rüstzeug mitzugeben.
Auch die Gastgeber profitieren sehr von dem Programm. Gerade für die Betriebs-nachfolge spielt dies eine große Rolle, dass man sieht wie es in anderen Ländern und Kulturen funktioniert, das minimiert das Risiko.
Gerade für einen Einsteigern in diesem Bereich ist es wichtig das man nicht zu viel Risiko am Anfang trägt, sondern dass man sich Schritt für Schritt weiterentwickelt. Die ersten Beschäftigten einstellt und dann hoffentlich vom Kleinunternehmer zum Mitlernen und dann zum Weltmarktführer wird.
Welche anderen Programme oder Maßnahmen wurden auf europäischer Ebene geschaffen, um jung Unternehmertum zu fördern ?
Ich habe mich sehr dafür engagiert, dass das COSME Programm gegründet wurde, ein Programm das ungefähr 2 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, für Garantien die Unternehmen liefern müssen. Wenn man im Export und Import tätig ist, braucht man Performancebonds, eine Bittgarantie, es gibt viele Garantien und Bürgschaften die man leisten muss, und hier soll eine Kofinanzierung von der europäischen Ebene erfolgen.
Es gibt auch den Europäischen Investitionsfond, der über Banken den KMUs zur Seite steht. Wenn die EU, die Europäische Investitionsbank, die nationalen Banken und der Unternehmensgründer die Risiken teilen, dann ist das für alle ein gutes Investment. Das zeigt, dass diese Instrumente sehr gut greifen.
Genauso bei dem Forschungsprogramm Horizon 2020, wo wir 4 Prozent für ein Bottom-up Programm für KMUs geschaffen haben. Ein weiteres, finanziert aus 20 Prozent des 77 Milliarden Bugets, das in Kooperation mit Universitäten und Wissenschaftsinstituten, und Großbetrieben genutzt werden kann.
Die finanziellen Angebote sind sehr attraktiv. Doch das entscheidende sind nicht die Finanzen sondern das man die Menschen zusammenbringt. Der größte Fortschritt für ein Geschäft ist immer Vertrauensbildung und diese Programme helfen sich zu finden und sich zu organisieren.
Bereits mit 19 Jahren übernahmen Sie eine leitende Tätigkeit in der Unternehmensgruppe Rübig. Sie waren also selbst einmal Jungunternehmer. Haben Sie Tipps für ambitionierte angehende Jungunternehmer?
Das entscheidende ist dass man sich etwas sucht was einem selbst Freude macht. Woran man euphorisch arbeitet. Man muss sicherstellen das man in diesem Gebiet Fachkompetenz hat, und natürlich ein sensationelles Angebot! Es beginnt immer mit der eigenen Überzeugung.
Bei der Finanzierung muss man darauf achten, dass die wesentlichen Entscheidungen in einem Businessplan eingearbeitet werden. Man muss sich andere Bestpractice und Benchmark orientieren: wie schau die Konkurrenz aus, wie die Markt- und Meinungsforschung? Man muss sich ein komplettes Paket überlegen.
Ich kann nur daran erinnern, der Redbull Gründer hat sich drei Jahre in die Einsamkeit zurückgezogen, um seine Konzernstrategien zu entwickeln. Er ist dann mit einem wirklich gutem Konzept angetreten, das glaubwürdig war, wo Investoren dann mit eingestiegen sind. Der Erfolg zeigt: eine gute Planung am Anfang erhöht die Chancen aufs Überleben deutlich.